Leben entsteht-auf alle Fälle-aus einer Zelle. Doch manchmal endet es -bei Strolchen- in einer solchen.

Unser diesjähriges Reiseziel Celle (vom 26. bis 28.07) hat nichts mit obigem Heinz Erhardt-Zitat zu tun….

Die Hinfahrt klappte ausnahmsweise mal ohne Schwierigkeiten, und also bezogen wir nach der Ankunft in der alten Residenzstadt der Lüneburger Kurfürsten (1378-1705) und der Taxifahrt unsere Zimmer im Hotel „Am braunen Hirsch“ und gingen zur Mittagszeit knapp 120 m zum Biergarten Schattauer, um den Flüssigkeitspegel zu egalisieren, denn bereits um 15oo Uhr hatten wir mit der kostümierten Frau des Nachtwächters (stehende Redensart. Hinnerk, der was mein Mann ist) eine Stadtführung zu absolvieren.

Beispiele früher bürgerlicher Baukunst-nur um einige zu nennen-wie das sechsgeschossige , reich verzierte„Hoppener-Haus (Poststrasse) von 1532, der Schenkenhof, das steinerne Barockhaus des Fürstengünstlings Stechinelli von 1665 oder die alte Lateinschule in der Kalandsgasse, in der der zweite Sohn des Nachtwächters im Schulchor singen durfte, aber nicht lesen und schreiben lernte – das blieb den Kindern der reichen Familien vorbehalten. Residenzen der leiblichen Genüsse wie das altmodische Huth Kaffeegeschäft und das
altbekannte „Schweine Schulze“, in dem die Stadtpolitiker auch heute noch bei Bier und einem 108er (Ratzeputz 58 Vol % und Heidegeist 50 Vol. %) ihre Vereinbarungen treffen, oder das Löns-Haus. Der Heidedichter lebte dort mit seiner Geliebten und hatte auch noch 120 uneheliche Nachkommen. Das am Nordgiebel reich verzierte Rathaus hat angeblich den ältesten Ratskeller Deutschlands ...und auch die höchsten Preise. Frau Nachtwächter erzählte noch einigen Schnack über ihre sieben Kinder und ihren lieben Mann und verabschiedete sich gegen 17Uhr unter kräftigem Beifall von uns.

Der Rückweg wurde von allen durstigen Kehlen erst einmal draußen an der „Glocke“ unterbrochen und später gings zurück zum Hotel, um ein wenig auszuruhen und die Koffer auszupacken. Der Abend fand uns alle frisch geduscht und ausgeruht unter der Kastanie am langen Tisch im Biergarten, wo uns ein reichhaltiges Buffet serviert wurde, das keine Wünsche offen ließ. Wegen der angenehmen Temperatur und des lauschigen Plätzchens blieben wir noch etwas länger……

Der Samstag begann nach gutem , ausgiebigen Frühstück mit der Übernahme der Fahrräder und der Fahrt zum Kloster Wienhausen Die Wegstrecke war auf einem Teil der ca. 12 km eine reine Stein- Heidesand -Mischung, schön uneben, mit Spurrillen und teilweise schwierig zu handhaben, aber wir haben es geschafft. Am Zielort, dem berühmten Backstein-Kloster mit
24 verschiedenen Backsteinformen. angekommen, wurde von Profi Norbert erst mal Udos durchrutschende Sattelstütze fixiert, bevor wir uns der Führerin anvertrauten, die uns die Historie von der Gründung Anno 1230 bis heute nahebrachte. Hervorzuheben war der Rundgang durch die Kirche und den Nonnenchor, der oberhalb des Gestühls lückenlos und farbig ausgemalt ist; das macht den Wienhausener Chor weltberühmt.

Unter dem Nonnengestühl fanden sich 1953 neben Textilien, Nadeln, Besteckteilen und  sonstigen Resten auch einige Brillen – es sind die ältesten, die hierzulande bekannt sind.
Auf dem Aller-Radweg gings nach Stärkung beim Klosterwirt zurück, wobei unterwegs auch noch der aktuelle Fototermin stattfand. Nach sorgfältiger Körperreinigung, Textilienwechsel und Ruhepause rief das Abend-Büffet wieder zum Biergarten. Der harte Kern blieb länger, die übrigen zogen sich nach und nach ins Hotel zurück.

Ein strahlender Sonntagmorgen-Spaziergang führte uns nach dem Frühstück und dem Kofferpacken wieder in die Stadt, wo die Besichtigung des Welfenschlosses sowie des Schlossgartens und des französischen Gartens anstand. Die Genealogie der Welfen in Verbindung mit dem englischen Königshaus hatte zwei Skandale aufzuweisen. Da ist einmal die traurige Geschichte der Ahldener Prinzessin Sophie Dorothea (1666-1726), die aus politischen Gründen mit ihrem Vetter Georg Ludwig, dem Erbprinzen von Hannover, vermählt wurde.
Ihre Ehe mit dem frostigen Gemahl war freudlos. Liebe und Zuneigung fand sie beim Grafen v. Königsmarck, aber nur kurzzeitig. Der Graf wurde ermordet, die Ehe geschieden und sie auf
Schloss Ahlden verbannt Georg, der spätere King George I von England und auch ihr Vater taten alles, um ihr das Leben noch schwerer zu machen. Nicht einmal ihre beiden Kinder durfte sie sehen. Mit 28 Jahren(1694) bis zu ihrem Tode lebte sie auf Schloss Ahlden und wurde erst 6 Monate später bei Nacht und Nebel in der herzoglichen Gruft in Celle beigesetzt.

Fall 2: Eine Ururenkelin der eben beschriebenen Dame , die dänische Königin Caroline Mathilde, lebte ab 1772 nach ihrer Affäre mit dem Arzt und Minister Struensee und der Scheidung vom dänischen König 3 Jahre in Celle und starb dort 24jährig.  Bei der Führung im Schlossgarten beeindruckte vor allem der kaukasische Flügelnussbaum,auch Bernsteinbaum (engl. Amber), der sich wahrhaft imposant über 20 m Durchmesser erstreckte, sowie im französischen Garten die doppelseitige Allee. Nach freundlicher Verabschiedung unserer Führerin wurde es Zeit für das Mittagsmahl im Thaere-Wirtshaus (A. Thaer war der Erfinder der rationellen Landwirtschaft, Stichwort Kartoffel). Von dort ging es nach längerem Aufenthalt wieder zum Hotel. Die beiden Großraum-Taxis kamen pünktlich, auch die DB nach Hannover passte. Dort die böse Überraschung: Im ICE 556 war unser Waggon 33 mit den reservierten Plätzen ausgefallen, weil die Klimaanlage nicht funktionierte. Viele mussten von Hannover bis zum ersten Halt Bielefeld stehen, was die Stimmung ein wenig trübte, obwohl Peter G. in weiser Voraussicht für „gelbe Limonade mit Schaum“ gesorgt hatte und die Zugleitung uns mit Getränken versorgte. Nach dem 2. Umstieg in Wuppertal empfing uns Opladen gegen 19oo Uhr mit
Nieselregen, wir verabschiedeten uns voneinander und ab gings nach Hause.

Einhelliges Fazit aller Beteiligten: Bei gutem Wetter viel Kultur (und keine Sauftour), Freude und Spaß erlebt. Dafür ein dickes DANKE an Karl-Hermann und Norbert F. für die perfekte Organisation.

Claus P. Gerth